Neuseeland 2009
Email 14
- "Mount Doom" -
Morgens wird um 5:30 das Zelt zusammengerollt und die schlimmsten Temperaturen
unter der Dusche weggespült. Um 7:00 fährt mich der Transferbus
zum Ausgangspunkt des Tongariro Crossing Walks.
Die Sonne geht langsam auf und es sieht so aus, als hätte sich
das Warten gelohnt. Es ist keine Wolke am Himmel zu sehen.
Es geht locker los, wird dann aber doch ganz gut anstrengend. Die Aussicht wird von Meter zu Meter besser. Dann: das erste Plateau. Rechts neben mir sehe ich den gewaltigen Vulkankegel des Nachbarvulkans. Der musste in der 9-stündigen audiovisuellen Nationalhymne der Kiwis (Der Herr der Ringe) als 'Mount Doom' herhalten. Gottseidank geht der Wanderweg nicht da hoch.
Denke ich. Auf dem Plateau ist zu sehen, dass man einen 3-stündigen
Abstecher dort hoch machen kann.
Mehr als 90% der Leute gehen weiter und verschwenden gar keinen Gedanken
daran, DA hochzuklettern. Tja, Spreu oder Weizen? Mann oder Maus? Während
ich noch so nachdenke bin ich schon auf dem Weg zum Kegel.
Einige der bunten Punkte, so sehe ich jetzt erst, sind tatsächlich
Leute, die sich da hochquälen. Oh mann! Naja, nützt ja nix. Die
elende Plackerei führt einen 45Grad ansteigenden Schotterhaufen hinauf.
Jeder Schritt schiebt mehr Schotter nach unten als mich nach oben. Erst
halte ich das ganze für eine blöde Idee, inzwischen halte ich
mich selbst für komplett bescheuert. Wie kann man nur...? Naja.
Die letzten 50 Höhenmeter sind die schlimmsten, dann: der Gipfel.
Eine grandiose Aussicht! Ich sehe den grünen Kratersee und den Lake
Tapau im Hintergrund. Die Aussicht hat sich gelohnt, meine Beine sind da
anderer Ansicht.
Wie bei einer Everestbesteigung: nach 10 Minuten geht's wieder runter.
Zurück ist eine Schlitterpartie. Zwischendurch überholen mich
basketballgrosse Steine. Gar nicht so ungefährlich.
Zurück am Plateau geht's weiter, den 'Red Crater' hinauf.
Tiefe finstere Rot- und Schwarztöne. So stellt man sich wohl den Eingang zur Hölle vor.
Es geht vorbei an grünen Seen mit schwefelgelben Stränden.
Der Abstieg auf der anderen Seite zieht sich ewig hin. Zum Schluss geht's
noch durch den Regenwald.
Mit dem Wetter haben alle an diesem Tag ein grosses Glück gehabt.
So sieht's da oben nur wenige Tage im Jahr aus.
Fahre abends noch nach Tapau, wo ich mir endlich mein schickes Motel
und im spiessigsten Restaurant der Stadt eine gebratene Entenbrust gönne.